Wie verändert künstliche Intelligenz als „fünfte“ industrielle Revolution die Automatisierungstechnik, welche Potenziale eröffnet etwa die Robotik? Unter dem Motto „Human-centric Automation“ diskutiert die Fachwelt am 1. und 2. Juli 2025 in Baden-Baden über neueste Entwicklungen und Technologietrends. Der 26. VDI-Kongress Automation bringt als jährlicher Leitkongress der Mess- und Automatisierungstechnik führende Köpfe aus Industrie, Forschung und Wissenschaft zusammen.
Für eine eigenständige europäische KI plädiert Prof. Dr. Hans Uszkoreit, Scientific Director am Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz (DFKI). Er wird eine der Kongress-Keynotes halten und macht vorab deutlich: „Ohne eigene KI-Initiativen verlieren wir nicht nur technologische Kontrolle, sondern auch ökonomische Gestaltungsfreiheit.“ Gleichzeitig appelliert er an Unternehmen, die Chancen der neuen Technologie ganzheitlicher zu betrachten: „Auf Dauer reicht es nicht, punktuell KI-Module einzufügen.“ Prozesse müssten stattdessen komplett neu strukturiert werden. Prof. Uszkoreit: „In ihrer Wirkung sowie der Breite und Tiefe, in der sie nahezu alle Geschäftsvorgänge beeinflusst, lässt sich Künstliche Intelligenz getrost als fünfte industrielle Revolution bezeichnen.“
Unter dem Keynote-Titel „Make or Buy – Warum wir eigenständige KI entwickeln müssen“ spricht sich auch Jörg Bienert, Mitgründer und Vorstandsvorsitzender des KI Bundesverbandes e. V., für europäische Initiativen aus: „Wir müssen zwingend selbst in der Lage sein, KI-Systeme zu gestalten, weiterzuentwickeln und zu betreiben – andernfalls werden wir volkswirtschaftlich vor enormen Herausforderungen stehen und uns in kritische Abhängigkeiten begeben“. Gleichzeitig verweist Jörg Bienert auf die Bedeutung von Foundation-Modellen für die allgemeine Infrastruktur: „So wie es sich bei Autobahnen um eine staatlich finanzierte Infrastrukturkomponente handelt, sollte dies in ähnlicher Form auch für IT- und Digital-Infrastrukturen gelten.“
Ein wesentlicher technologischer Trend, mit dem sich der VDI-Kongress Aotomation beschäftigt, betrifft kognitive Systeme und moderne Robotik-Anwendungen. „Kognitive Roboter können aufgrund fortschrittlicher Sensorik und KI-Funktionen ihre Umgebung wahrnehmen und verstehen. Dies ermöglicht eine natürlichere Kommunikation zwischen Mensch und Roboter durch Sprache, Gestik und Mimik, ähnlich der Interaktion zwischen Menschen“, erläutert David Reger, CEO der Neura Robotics GmbH.
Gänzlich neue Anwendungsfelder dank Robotik erwartet auch Paul Stumpf, Head of Global Robotics bei Trumpf im Bereich Werkzeugmaschinen – insbesondere in Anwendungen, für die klassische Automatisierungslösungen zu komplex, zu starr oder zu teuer sind. Ein zentraler Punkt ist dabei die Flexibilität, so Paul Stumpf: „Viele Unternehmen in der Blechbearbeitung produzieren in eher kleineren Losgrößen und variierenden Formaten. Mit kamerabasierten Systemen und KI entstehen in Zukunft die Voraussetzungen, dass Roboter ,sehen‘ und sich gewissermaßen selbst programmieren können.“
Digitalisierung und Vernetzung in der Automatisierungstechnik bringen Effizienzvorteile mit sich – gleichzeitig steigt aber das Risiko für Cyberangriffe. Die Gesetzgeber setzen daher mit der Maschinenverordnung, der NIS 2-Richtlinie und dem Cyber Resilience Act einen neuen regulatorischen Rahmen. Thorsten Knöner, Phoenix Contact Deutschland GmbH unterstreicht: „Besonders bei der Maschinenverordnung, die ab Januar 2027 verbindlich in Kraft tritt, darf man die Vorlaufzeit für notwendige Anpassungen nicht unterschätzen. Wir sehen außerdem, dass eine Reihe von Automationsprodukten älterer Generationen die zukünftigen Anforderungen nicht mehr erfüllen können. Hier ist mit einer deutlichen Marktbereinigung zu rechnen.“
Auch darüber hinaus ist der Kreis der Referierenden zur Aotomation 2025 hochkarätig besetzt. Über 100 Fachbeiträge werden sich inhaltlich breit gefächert mit neuesten Entwicklungen und technologischen Trends befassen.
Die begleitende Fachausstellung gibt weitere Einblicke in neue Technologien und Anwendungen. Auch die Future Zone zählt zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Kongresses: Start-ups sowie Forschungsgruppen präsentieren hier aktuelle Projekte, neue Produkte und Dienstleistungen. Zudem bietet der Leitkongress zahlreiche Möglichkeiten zum Netzwerken, bis hin zur beliebten Abendveranstaltung.
Parallel zur Automation 2025 findet die VDI-Fachkonferenz „Machine Vision – Von der Inspektion zur smarten Revolution!“ unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Markus Glück, Hochschule Aalen, im Kongresshaus Baden-Baden statt.
Programm und Anmeldung zum Kongress Automation 2025:
Text- und Bildquelle: VDI Wissensforum